Mittwoch, 1. März 2023
Neue Heimat L98 59b (08)
Ich schaue mich um und zeige Raimond das Rot der aufgehenden Sonne am Horizont. Er nickt mir lächelnd zu und steuert einen Tisch an, der bis jetzt noch unbesetzt ist. Den Sonnenaufgang stört von hier aus keine Verstrebung des Fensters. Die Bedienung nähert sich und Raimond bestellt unser Frühstück. Die Verpflegung ist im Reisepreis inbegriffen. Nur alkoholische Getränke müssen bezahlt werden.

Während wir frühstücken, kommen drei oder vier weitere Paare zum Frühstücken in den Salon. Der Bodennebel unter uns wird immer dünner und so wechselt die Farbe des Erdbodens allmählich von weißgrau zu grün. Dazwischen heben sich hier und da hunderte von braunen Buckeln aus dem Gras: Bisons. Sie liegen noch faul herum und warten, dass ihnen die Sonne das Fell wärmt.

Bald sehen wir Mitglieder der First Nations, die mit geländegängigen Jeeps ihrer Aufgabe als Park-Ranger nachgehen. Nachdem die Sonne höher steht, erheben sich die Kolosse und beginnen nun ihrerseits mit dem Frühstück. Wir selbst können die Sonne nun nicht mehr sehen, aber die Landschaft unter uns ist nun sonnendurchflutet.

Ich weiß von Raimond, dass die Sonne jetzt günstig steht, um mit den Sonnenkollektoren an der Oberseite des Luftschiffes Strom zu erzeugen und damit unsere Batterien zu füllen, die durch die vergangene Nachtfahrt einen ziemlich niedrigen Füllstand haben werden.

Bald ist Lunch-Time und danach können wir ein Nachmittags-Nickerchen in unseren Kabinen halten. Heute Abend hat die Schiffsführung das Dinner eine Stunde früher angesetzt. Es besteht aus sieben nicht sehr großen Gängen und wird mit Musik untermalt.

Gegen Ende des Dinners beginnt die Bedienung mit einer Tanzvorführung und animiert die Gäste zur Teilnahme. Dazu gehen wir in das weite Foyer. Dort werden wir nicht durch Tische und Stühle beim Tanzen gestört. Draußen ist nach einem malerischen Sonnenuntergang allmählich die Nacht hereingebrochen. So kommen wir erst spät ins Bett.

Während der zwei Wochen dauernden Fahrt über die Prairie haben wir viele Tierarten beobachten können. Die schon beschriebenen Bisons, die zu tausenden in Herden über die Prairie ziehen, werden von Kojoten verfolgt, die alte, kranke und schwache Tiere aus den Herden erlegen. Daneben gibt es noch Dickhornschafe, Maultierhirsche, Weißwedelhirsche und Gabelböcke in den Great Plains. Zu den unvermeidlichen Raubtieren, die diesen Pflanzenfressern nachstellen, gehört der eben beschriebene Kojote, aber auch Silberdachs, Rotluchs und Swift-Fuchs gehören zu den Raubtieren der Prairie.

Während dieser Reise kommen wir auch der Geschichte der First Nations nahe, deren Lebensraum einmal die weiten Ebenen gewesen sind. In der Nähe der Rocky Mountains gibt es einige kleine Gebirgszüge, die in die flache Steppe hineinragen. Einer davon, die Black Hills, gilt den Lakota als heiliges Land und Mittelpunkt der Erde, vermutlich weil die bis zu 900 Meter hohen Berge in der endlosen Ebene der Great Plains über eine weite Strecke Orientierung geben.

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