Samstag, 15. April 2023
Neue Heimat L98 59b (23)
Als John in die Kindertagesstätte kommt, ist Anne schon fast sechs Jahre alt, ein großes Mädchen, das uns keine Schande macht. Wir haben uns über Grundschulen informiert und sie in einer angemeldet. Hier wird sie in den nächsten vier Jahren lernen. Auch die Schule gibt uns eine Liste von Dingen, die wir vor dem ersten Schultag besorgen müssen.

Damit alle Schüler gleich aussehen und es keine Eifersüchteleien oder Sticheleien gibt, kaufen wir nach Angaben der Schule eine Schuluniform und Sportkleidung. Sie benötigt auch ein Paar Schuhe, die nur im Inneren der Schule getragen werden. Ihre Straßenschuhe wechseln die Schüler im Eingangsbereich und stellen sie in dafür vorgesehene Fächer.

Nun bringe ich beide Kinder mit dem Lufttaxi in die Kita und die Schule, und hole sie von dort später am Tag wieder ab. Genauso wie die Eltern den Kindern Respekt und Höflichkeit, gepaart mit Hilfsbereitschaft, vorleben, achten die Erzieher und Lehrer auf diese Tugenden, denn sie sind die Essenz, nach der eine Gesellschaft von 93 Milliarden Menschen überhaupt funktionieren kann.

Nach der Grundschule geht Anne auf die sechsjährige Mittelschule. Zum Zeitpunkt ihres Schulwechsels kommt auch John schon in die Grundschule. In der Mittelschule muss Anne nach dem eigentlichen Unterricht verschiedene schulische Clubs besuchen. Dort werden Angebote gemacht, wie Judo und anderer Sport. Auch Clubaktivitäten wie der International Club, Sustainability Club und andere werden angeboten. All dies fördert den Gemeinschaftssinn. Die Clubs sind Wahl-Pflicht-Veranstaltungen der Schule.

Nachdem auch John in die Schule gekommen ist, organisieren wir unser Leben wieder um. Beide Kinder schlafen seitdem in dem Kinderzimmer, dass Übernachtungsgästen nun nicht mehr zur Verfügung steht. Wir haben für sie ein Etagenbett hineingestellt, mit blickdichten Gardinen zum Zuziehen.

Sie werden noch lange von mir angekleidet, das heißt, natürlich kleiden sich die Kinder schon bald selbständig an, aber ihre Kleidung lege ich ihnen abends heraus und kontrolliere ihren Sitz noch als sie selbst schon Jugendliche sind. Die Beziehung zwischen Mutter und Kind ist sehr intim, da sie lange in meinem Bett geschlafen haben. In den ersten drei Lebensjahren begleiten Anne und John mich überall hin. So bilden Mutter und Kind eine Einheit, in der sie sich als ‚geteilter Geist‘ verstehen, statt zweier getrennter, voneinander mehr und mehr unabhängiger Personen.

Wie bei uns üblich, verwenden die Mütter bei der Erziehung Überredung, Suggestion und manchmal auch Scham oder subtilen Spott. Wenn das Kind, zum Beispiel gerade in der Trotzphase, nicht willens ist, seine Spielsachen wegzuräumen, sagt sie vielleicht:

"Anscheinend bist du gerade nicht bereit, auf Mama zu hören, oder bist du vielleicht noch ein Baby? Vielleicht bist du aber auch zu müde und musst daher sofort ins Bett?"

Bisher hat das so angesprochene Kind lieber gehorcht, als dass es sich vor Mama schämt. Über die Jahre ist die Einheit Mutter-Kind so stark geworden, dass das Kind erkennt oder fühlt, in welchem Zustand der Harmonie diese Einheit ist. Das Kind wird nun alles dafür tun, diese Harmonie aufrechtzuerhalten. Ein weiterer Aspekt ist auch die Mimik der Mutter. So begleitet sie ihren Wunsch an das Kind mit einem Gesichtsausdruck, der dem Kind zu verstehen gibt, dass sie überrascht wäre, wenn das Kind nicht wie erwartet handelt.

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