Dienstag, 30. Mai 2023
Neue Heimat L98 59b (38)
Die vielen Geistwesen im Wald, sind wahrscheinlich verstorbene Wesen, die noch kein neues Wesen gefunden haben, das im Bauch seiner Mutter heranwächst.

In der Abenddämmerung wage ich mich mit 'Schimm' probeweise ein Stück vom Heimatbaum weg. 'Schimm' trägt ein langes Messer und ich bin mit Pfeil und Bogen bewaffnet. In der Nähe des Heimatbaumes treiben sich manchmal ungefährliche Tiere herum, die sich in unserer Nähe sicherer fühlen. Ich spüre ein solches Tier und pirsche mich näher heran. Dabei gilt es lautlos vorzugehen. 'Schimm' bleibt zurück und achtet darauf, was und wie ich handele. Bald bin ich nahe genug heran für einen sicheren Pfeilschuss. Mein Pfeil verlässt die Sehne und betäubt durch das Pfeilgift das Tier auf der Stelle.

'Schimm' huscht fast lautlos vor. Es schneidet dem Tier die Gurgel durch. Dabei sagt er:

"Mein Bruder, ich danke dir. Dein Geist verbindet sich mit dem Schöpfer und dein Körper wird Teil der denkenden Wesen."

Ich freue mich. Meine Bemühungen tragen langsam Früchte. Wir tragen das tote Tier zu dem Chef der Jagdgruppe. Bei uns ist es Brauch, dass wir unsere Ssmah -Jagdbeute- mit der Gemeinschaft teilen. Er nimmt die Gabe gerne an und gibt sie an die Frauen weiter, die das Tier zerlegen und aufteilen.

*

Am Abend, nachdem ich meine Textnachricht abgesendet habe, schaue ich wieder auf meinen Kommunikator. Ich kann auf dem Display die Antwort des Kommandanten lesen. Er hat geschrieben:

"Hallo, Mister Albright. Ngachi nennen sich die Indigenen also, okay. Leider war die wissenschaftliche Abteilung, die unser Projekt auf der Erde betreut hat, so gedankenlos oder so überheblich, zu denken, wir wären auf einem erdähnlichen Planeten die einzige Spezies. Hätte man uns Etymologen mitgegeben, wären wir jetzt in einer besseren Position.
Stellen Sie Fragen! Lernen Sie alles, was man über Sprache, Bräuche und Mythologie in Erfahrung bringen kann! Assimilieren Sie sich, werden Sie im günstigsten Fall zu einem Ngachi. Das befähigt uns später, mögliche Fettnäpfchen zu umgehen und zu einem friedlichen Zusammenleben zu kommen. Wir müssen uns diesen Planeten schließlich irgendwie teilen.
P.S. Wenn möglich, lehren Sie ihrem Lehrer, ihre Mimik und Gestik zu lesen. Vielleicht können Sie auch unsere Sprache weitergeben. Dann sind Sie und ihr Lehrer Mittler zwischen den Kulturen. Wichtig sind immer die Achtung und der Respekt vor dem Anderen!"

'Hm,' denke ich mir. 'Das wird mich viel Arbeit kosten. Aber es stimmt! Im Ergebnis entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den Menschen und den Ngachi.'

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