Donnerstag, 20. Juli 2023
Neue Heimat L98 59b (55)
Der Genetiker will uns über meinen Kommunikator Bescheid geben, wenn er unsere Gene so angeglichen hat, dass daraus ein gemeinsames Kind entstehen kann, dass aber nicht vom weiblichen Organismus als fremd eingestuft und abgestoßen wird. Danach sollen wir öfter zu ihm kommen. So oft nämlich, bis sich eine befruchtete Eizelle in ihrer Gebärmutter eingenistet hat.

Anschließend gehen wir vor die Stadt und ich rufe den Churrot zu mir. Ich lasse Ngachischi vor mir Platz nehmen, damit ich sie auf dem Flug halten kann, falls sie einen Schwächeanfall bekommt. Dann fliegen wir zurück. In Folge müssen wir den Genetiker noch ein paar Mal besuchen, bis sie mir eines Tages eröffnet, dass sie schwanger ist.

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Eines Nachmittages ruft mich, Lars McGiven, unser Genetiker an. Was er zu berichten hat, schlägt bei mir wie eine Bombe ein: Er hat eine indigene Frau zur Untersuchung in seinem Labor gehabt. Es ist darum gegangen, eine künstliche Befruchtung zustande zu bringen bei einerseits menschlichem Erbgut und andererseits ihrem Erbgut von hier.

"Das ist doch unmöglich!" habe ich ausgerufen und an einen schlechten Witz gedacht.

Aber nein, unser Botschafter bei den Ngachi hat sich eine indigene Frau genommen und nun hätten sie gerne ein Kind...

Nebenbei hat der Genetiker sie in die Medizin gebeten und dort mit unterschiedlichen Geräten durchleuchtet. So haben wir nun eine Menge Informationen über den Aufbau des Körpers, der Knochen und vieles mehr. Nach dem aufschlussreichen Gespräch wähle ich mich in unser Archiv ein und schaue mir die indigene Frau 'von innen' an. Das ist alles hochinteressant.

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Als Ngachischi schwanger ist, ist besonders bei meinen Schwiegereltern die Freude groß. Wir nennen unser Mädchen 'Ngamlorr', was in etwa 'gut zusammenpassen' oder 'wohlklingend' bedeutet, wenn man dabei an die Lieder des Volkes denkt.

Kurze Zeit später entdeckt der Anführer des Jagdtrupps im Wald die junge Frau eines benachbarten Volkes. Statt sich zu verstecken, hat sie sich zu erkennen gegeben und vor dem Anführer ein prächtiges Farbenspiel ihrer Haut gezeigt. Nach menschlichen Maßstäben würde man sagen, sie hat ihn angeflirtet. Die Schamanin hat ihm vor zwei Jahren provezeit, dass er seine Frau im Wald finden würde. Deshalb hat er mit ähnlich prächtigem Farbenspiel geantwortet.

Ein Jahr darauf hat auch diese Frau Nachwuchs bekommen. Nun sind Ngachischi und die Frau mit den Kindern, sobald sie laufen können, in den Weltenwald gegangen, um ihnen zu erklären, welche Pflanzen und Tiere dort leben, welche essbar sind und welche man meiden soll.

Sie haben ihnen die Mythologie der Ngachi erklärt und mit ihnen Pflanzen und Pilze gesammelt, sowie in einem nahen Cklugga -Wasserlauf- Fische gefangen. Die Frauen haben die Mädchen von klein auf beigebracht zu teilen, indem sie alles, was sie aus dem Weltenwald herbeibringen, weitergeben. Die Männer bringen Jagdbeute herbei und anschließend wird alles gerecht aufgeteilt und gegessen. Eine Vorratshaltung kennen die Ngachi nicht und verschwendet wird auch nichts. So sehen die Bäuche nach dem Essen meist ziemlich rund aus.

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