Sonntag, 23. Juli 2023
Neue Heimat L98 59b (56)
Jahre sind inzwischen ins Land gegangen. Wir, also Piongschi -zu den Fischen gehörend- und ich, Ngamlorr, sind beste Freundinnen geworden. Nun sollen wir gemeinsam unsere Initiation erleben. Das Volk hat uns feierlich verabschiedet. Jede von uns trägt einen langen Dolch aus der Kralle eines Luftgeistes, sowie Pfeile und Bogen mit sich.

Wir haben in der Vergangenheit mit den Waffen gut umzugehen gelernt und wissen, wie man sich lautlos im Wald bewegt, sowie dass wir uns nur gegen den Wind anpirschen dürfen, wollen wir Jagdglück haben. Der Initiationsritus besagt, dass wir einige Tage auf uns gestellt im Wald überleben müssen. Niemand zweifelt daran, dass wir das schaffen werden.

Nachdem wir den Heimatbaum verlassen haben, gehen wir geradewegs auf den Pfad zu, den unzählige Füße in Generationen in den Wald getreten haben. Nachdem sich die Vegetation um mich geschlossen hat, weiche ich vom ausgetretenen Pfad ab und bewege mich lautlos durch das Unterholz vorwärts.

Piongschi macht es mir gleich, entfernt sich dabei aber immer mehr von mir. Sie will ihr eigenes Jagdglück vorweisen können. Trotzdem bleiben wir in Rufweite, wie es auch die Männer der Jagdgruppe machen, wenn sie gemeinsam eine Jagdexpedition unternehmen.

Ich suche aufmerksam nach Spuren, die ein Jonga -jagdbares Tier- an den Pflanzen beim Vorbeistreifen hinterlassen hat, und horche auf jedes Geräusch. Genauso hat es Nußa -Mama- mir unzählige Male gezeigt.

Während Piongschi einige Wühltiere aus ihren Bauen scheucht und zwei davon bis zum Abend erlegt hat, gehe ich am ersten Tag meiner Prüfung leer aus. Piongschi könnte nun zu unserem Volk zurückkehren, aber sie besteht darauf, dass wir gemeinsam den Rückweg antreten. Also erklettern wir einen Baum als sich die Abenddämmerung ankündigt und flechten uns mit biegsamen Zweigen zweier Äste je ein Nachtlager.

Unseren Hunger stillen wir aus einer Tasche, die wir beim Heimatbaum am Morgen um unseren Hals gehängt haben. In aller Frühe werde ich wach und lausche. Piongschi rührt sich kurze Zeit nach mir.

Wir wollen möglichst geräuschlos aus dem Baum herabsteigen, um keine Jonga -jagdbaren Tiere- zu verscheuchen, die in der Nähe vielleicht Nahrung suchen. Wir hätten andererseits aber auch Raubtiere auf uns aufmerksam gemacht.

Nach kurzer Zeit hören wir allerdings ein Rudel von vielleicht zwanzig jagdbaren Tieren näherkommen, die schnaufend das Erdreich umgraben, auf der Suche nach Wurzeln, Pilzen und anderer Nahrung.

Also mache ich meinen Bogen klar und lege einen Pfeil auf, der mit Betäubungsgift getränkt ist. Dann warten wir geduldig. Kurz darauf wandert das Rudel unter uns vorbei. Als ein Jonga mir ein gutes Ziel abgibt, verlässt der Pfeil meinen Bogen und steckt einen Sekundenbruchteil später im Rücken des Tieres unter mir. Nun rennt das ganze Rudel davon und macht dabei einen großen Lärm.

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