Mittwoch, 10. August 2022
Aufbruch ins All -24
Dabei verbeugt er sich leicht. Mister Yamamoto kommt lächelnd auf mich zu, während der junge Mann uns verlässt. Sicher wird er wieder zurück an seinen Platz im Eingang gehen.

"Hallo, Mister Myers," spricht der Schulleiter mich an und reicht mir seine Hand. "Ich habe mir ihre Referenzen durchgesehen und auch ihre bisherige Fechtschule kontaktiert. Man ist voll des Lobes, ob ihrer Leistungen, meint aber, dass diese sicherlich noch ausbaufähig sind."

Er macht eine kurze Pause und ergänzt: "Davon bin ich überzeugt! Aber sagen Sie, warum wollen Sie ihre Schule wechseln?"

Während er spricht, hat er sein Büro verlassen. Ich bin ihm gefolgt. Nun stehen wir im Gang vor dem Büro, als ich antworte:

"Ich bin ja nun mit der Schule fertig. Nun habe ich die Möglichkeit, mich auf einer Hochschule anzumelden und dafür Beihilfe zum Unterhalt zu beantragen, oder eben eine Ausbildung zu beginnen und nebenbei das Fechten weiterhin als Hobby zu betreiben. Eine dritte Möglichkeit wäre, wenn ich einen Sponsor finde, der die Kosten einer Schule trägt, damit ich in Vollzeit trainieren kann.
Meine bisherige Schule hat mir keine Ausbildung in der Verwaltung angeboten. Meine Lehrgangsgebühren wollen sie dagegen weiterkassieren. Nun habe ich mich auch bei Ihnen beworben und den Gesprächstermin erhalten."

Der Mann setzt sich in Richtung des Aufzuges in Bewegung. Ich folge ihm, auch weil er während des Spazierganges weiterredet:

"Ich biete Ihnen eine vierte Möglichkeit an. Vielleicht sagt sie ihnen ja zu: Sie werden Mitglied der Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst-. Sie erhalten einen eigenen Wohnraum und Gemeinschaftsessen in einer Mensa. Daneben erhalten Sie als Ausgleich Training in Ju-Jutsu, einer leicht zu erlernenden Selbstverteidigungstechnik, sowie Meditationsübungen, die Ihnen helfen, in allen Lebenslagen achtsam und ausgeglichen zu bleiben. Ihr Fechttraining darf natürlich nicht vernachlässigt werden.
Als Abschluss dürfen Sie sich dann Chiseihito -intelligente Person-, oder eben 'Person mit Geisteskraft' bezeichnen, oder kurz 'Chisei'."

Wir sind inzwischen in der Etage über dem Eingang der Schule angekommen. Mister Yamamoto öffnet eine Tür und gibt damit den Blick in einen Trainingsraum frei.

"Ich sehe, sie haben heute ihr Equipment nicht dabei," sagt der Schulleiter nun.

Ich schüttele den Kopf und entgegne:
"Ich wollte heute erst einmal vorsprechen."

"Ich leihe Ihnen Handschuhe, Kopfschutz und Turnierdegen," sagt er und öffnet einen Wandschrank, indem er eine wandhohe Tür zur Seite schiebt.

Ihn erstaunt anschauend, greife ich zu und statte mich mit dem vorgefundenen Equipment aus. Dann folge ich ihm zur Blanche, dem Bodenbereich auf dem der Fechtkampf stattfinden soll. Ich bin so perplex, dass ich anscheinend gegen den Schulleiter antreten soll, dass ich wie automatisch reagiere. Heutzutage werden die Fechtwaffen nicht mehr in lange Kabel gesteckt, um einen Treffer anzuzeigen. Das geschieht drahtlos.

Schließlich stehen wir uns gegenüber. Mister Yamamoto zieht seinen Degen aus der Gürtelschlaufe und schaut mich aufmerksam an. Schließlich zuckt seine Waffenhand vor, aber ich habe sie souverän pariert. So geht es eine Weile hin und her. Dabei steigert sich der Schwierigkeitsgrad mehr und mehr. Irgendwann lässt Mister Yamamoto seine Turnierwaffe sinken und meint:

"Lassen wir es damit gut sein! Sie haben schon eine gute Fertigkeit erlangt, Mister Myers. Gehen Sie nachhause und berichten Sie ihren Eltern, dass die Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- Sie gerne als Mitglied annehmen würde. Kommen Sie morgenfrüh zurück und erhalten Kleidung und Wohnung, wenn auch Sie zu uns gehören wollen."

*

Meine Eltern sind schließlich einverstanden gewesen, dass ich der Fenshingu no gakkoh -Schule der Fechtkunst- beitrete. Sie haben zwar etwas komisch geschaut, dass ich nicht wenigstens einen kleinen Betrag zur freien Verfügung habe, aber dafür erhebt die Schule zumindest keine Monatsbeiträge. Sie haben sicher ein anderes Finanzkonzept, hinter das ich bestimmt noch kommen werde.

Als ich am nächsten Tag mit einer Reisetasche und meiner Equipment-Tasche wieder vor dem Eingang der Schule stehe, telefoniert der junge Mann hinter dem Tresen im Empfangsraum und wenige Minuten später tritt ein älterer Mann aus dem Aufzug und kommt auf mich zu. Er gehört wie ich zu den Whites, trägt aber dieselbe Kleidung wie anscheinend alle hier in der Schule.

"Mister Myers?" fragt er und reicht mir die Hand.

Ich nicke lächelnd und bestätige, während wir uns die Hände schütteln:

"Ja, der bin ich."

"Okay," meint er nun. "Mein Name ist Richards. Ich bin ihr Fechtlehrer. Mister Yamamoto sagte schon, viel bräuchte ich Ihnen nicht mehr beibringen. Ein paar Finten vielleicht..."

Er hat sich dem Aufzug zugewandt, während er spricht und fordert mich mit einer Handbewegung auf, ihm zu folgen. Wir fahren in die dritte Etage, vom Eingang aus gezählt, und gehen einen Gang entlang. Er weist auf den Buchstaben an der Decke und meint:

"Merken Sie sich den Gang B, damit Sie sich nicht verirren."

Irgendwann bleibt er vor einer der vielen Türen stehen. Er zeigt auf die Zahl, die in Kopfhöhe auf der Tür prangt.

"Vom Aufzug aus gesehen liegen die geraden Zimmernummern rechter Hand, die ungeraden auf der linken Seite. Ihre Wohnung hat die Nummer B42, wie sie sehen."

Nun hält er eine Karte an den Schließmechanismus. Sofort klickt es leise und die Tür fährt zur Seite auf. Er gibt mir die Karte und bemerkt dabei:

"Verlieren Sie sie nicht!"

Jetzt betritt er mit mir den Raum, der etwa 2,40 Meter mal 4 Meter misst. Linker Hand sehe ich eine Reihe raumhohe Schiebetüren. Auf der rechten Seite hat man ein Bett und einen Schreibtisch eingebaut. An der gegenüberliegenden Stirnseite sehe ich einen zwei Meter breiten Monitor. So ergibt sich ein Fußraum von etwa 1,5 mal 4 Metern, in dem auch noch ein Sessel steht, um entspannt das Programm auf dem Monitor zu verfolgen.

Mister Richards öffnet nun eine der Schiebetüren und zeigt mir, dass sich dahinter ein Schrank von etwa 60 cm Tiefe befindet. Mister Yamamoto hat mir schon gesagt, dass ich bis auf genügend Unterwäsche keine Kleidung mitbringen muss. Nur meine Hygiene-Artikel noch und mein Sport-Equipment. Entsprechend wenig habe ich in der Reisetasche dabei. Stattdessen finde ich im Schrank die gleiche Kleidung, wie sie alle hier tragen. Also hänge ich nur noch meine Sportkleidung hinzu und lege den Rest fein säuberlich gestapelt in die Regale.

Mister Richards klappt im unteren Bereich einen Behälter auf und zeigt mir, dass sich darin ein Beutel befindet.

"Dies ist ihr Wäschebeutel," erklärt er. "Wenn er voll ist, stellen Sie ihn vor die Tür. In regelmäßigen Abständen wird er abgeholt und wenig später liegt die frisch gewaschene Wäsche auf dem Tisch vor ihrer Tür."

'Ah,' denke ich, 'dafür steht vor jeder Tür ein Tischchen.'

Es handelt sich um ein Möbel, etwa 40 mal 40 cm im Quadrat und 70 cm hoch mit zwei Platten untereinander. Mister Richards ist schon weitergegangen. Im hinteren Bereich des Raumes neben dem Schrank öffnet er per Knopfdruck eine weitere Tür. Dazu sagt er:

"Schauen Sie über der Tür auf das dunkle Rechteck. Wenn es Rot leuchtet ist besetzt. Wenn nicht, so wie jetzt, können Sie den Sanitärraum betreten. In der Wand gegenüber sehen sie eine weitere Tür. Sie ist jetzt gesperrt und kann erst geöffnet werden, wenn wir wieder ins Zimmer zurückgehen. Hier finden Sie Waschbecken, Toilette und Dusche. Im verspiegelten Hängeschrank können Sie auf der einen Seite ihre Hygieneartikel unterbringen. Fehlt ihnen irgendwann etwas, legen Sie ihrem Wäschebeutel eine Notiz bei. Sie erhalten dann Ersatz."

Wir gehen wieder zurück in mein Zimmer. Er deutet auf die leuchtend rote Fläche über der Tür. Dann drückt er den Knopf und die Tür fährt zu. Einige Sekunden danach hört es auf zu leuchten.

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