Freitag, 29. Juli 2022
Aufbruch ins All -20
Anfangs wird die ganze Carbon-Produktion von Raumschiffen zum Mond gebracht, um der Raumfahrtindustrie zugeführt zu werden. Irgendwann stellt ein Ingenieur ein Verfahren vor, um das Carbon als Grundstoff neben anderen zur Herstellung einer 'Wolkenstadt' zu verwenden. Es soll eine große scheibenförmige Station werden, in der bis zu 10.000 Menschen leben und arbeiten können. Dazu sollen die Arbeitnehmer mit ihren Familien zur Venus umziehen, ist sein Plan.

Jahre später schwebt eine riesige flache Linse in der Venusatmosphäre. Durch das Carbon ist sie einerseits leicht, aber auch stabil. Die Atmosphäre im Inneren ist der Erdatmosphäre nachgebildet und erzeugt trotzdem Auftrieb genug, so dass sich die 'Wolkenstadt' in der Höhe hält. Bald ziehen die Bewohner der Venusstation in die Wolkenstadt um. Die nicht mehr benötigte Station lässt man absinken. Sie wird in der dichten tieferen Atmosphäre bald zerquetscht und verbrennt auf der Venusoberfläche.

Nun forciert man den Familien-Nachzug und schreibt weitere Berufe aus. Neben Ärzten und Lehrern wirbt man um Personen, die gewillt sind, in der Wolkenstadt kleinere Firmen für jeden Lebensbedarf zu gründen. Die nötige Energieversorgung geschieht über Photovoltaik, da durch die besondere Physik der Venus ständig die Sonne scheint. Eine Teflon-Außenhülle schützt die Stadt vor der Schwefelsäure in der Atmosphäre. Den Auftrieb, der die Stadt auf etwa 55 Kilometern Höhe hält, erreichen wir durch die niedrigere Molekülmasse der irdischen Atemluft in der Stadt, gegenüber dem umgebenden Kohlendioxid als Hauptbestandteil der Venusatmosphäre.

Je mehr die Wolkenstadt einem Gemeinwesen aus den USA ähnelt, desto öfter kommen in der Bevölkerung Stimmen auf, 'Ishtar City' auch politisch wie ein echtes Gemeinwesen zu behandeln. Wir haben die Wolkenstadt 'Ishtar City' genannt, weil sie geostationär über einer Kontinentalplatte schwebt, die von den Wissenschaftlern 'Ishtarland' genannt wird. Sie hat etwa die Größe von Australien und liegt auf dem 60. Breitengrad der Venus.

In den USA dient eine Stadt den Bedürfnissen der Menschen, die in ihr wohnen. Sie stellt alles bereit, von Polizei und Brandschutz, Sicherung der Wasserversorgung und Energieerzeugung bis zu Hygienevorschriften, Gesundheitsvorschriften, Abfallentsorgung, Bildung, öffentliche Verkehrsmittel und Wohnungen. In der Gründungsurkunde werden die Ziele und Befugnisse der Verwaltung beschrieben. Die Organisation unterscheidet sich mit der Größe der Stadt.

Eine 'Kleinstadt', wie unsere, besitzt einen gewählten City Council -Stadtrat- und einen Mayor -Bürgermeister-. Daneben hat sie einen City Manager -Exekutivbeamten mit Managing-Erfahrung- und verschiedene Abteilungsleiter. Bürgermeister und Exekutivbeamter können in Kleinstädten auch eine Personalunion bilden. Bürgermeister und Stadtrat haben gegenseitig ein Vetorecht bei den Verordnungen -den Gesetzen der Stadt- und bei der Ernennung der Abteilungsleiter. Der Stadtrat erlässt die Verordnungen, legt den Steuersatz auf Eigentum fest und erstellt das Budget, mit dessen Hilfe die Abteilungen arbeiten.

Daran haben wir uns orientiert und die entsprechenden Stellen geschaffen. Da die NASA in Florida sitzt, ist unsere übergeordnete Behörde dieser Bundesstaat. Für die Sitze im Stadtrat und den Platz des Bürgermeisters bewerben sich bald Bürger, die sich in der Conservative Party, Liberal Party und der Green Party organisiert haben. Wie in den USA üblich, wird bei der Belegung der Sitze die Mehrheitswahl angewandt.

Wir haben gesehen, wie der Mars sich unabhängig von der Erde erklärt und sich gegen äußere Einflussnahme abgeschottet hat. Nun leben auf dem Mars viele Millionen Menschen. Das Gleiche können wir uns auf der Venus nicht zumuten. Zwar wird es wohl keine äußere Bedrohung geben, gegen die uns die USA oder Jahrhunderte später nun die UNO beschützen muss. Aber einen gewissen Status an Eigenständigkeit als Bewohner der Venus möchten wir doch erlangen. So haben wir in den letzten hundert Jahren begonnen, entsprechende Verträge zu verhandeln.

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Auf der Erde hat man den Sahara-Anrainer-Staaten Jahrzehnte später ein großes Areal abgekauft und dort einen Raumhafen errichtet. Dort starten und landen von nun an die Shuttles zur Orbitalstation. Gleichzeitig fliegen von dort Flugzeuge zu allen Millionenstädten rund um den Erdball. Hotels aller großen Hotellerie-Konzerne bewerben sich um die Durchreisenden. Weitere Firmen siedeln sich an, Wohngebiete und Freizeitmöglichkeiten für die Angestellten werden erbaut.

Noch einmal etwa hundert Jahre später siedeln sich die großen UNO-Organisationen in der Nähe des Raumhafens an. Repräsentative Gebäude für die Institutionen der UNO kommen hinzu. Bald darauf verzichtet man in den Gremien auf die Einstimmigkeit und setzt auf demokratische Mehrheitsbeschlüsse. Der Samen einer Weltregierung wird gelegt.

In der buddhistischen Welt haben sich ebenfalls Dinge ereignet. Zur Verdeutlichung reiße ich einmal kurz die Geschichte dieser Philosophie an: Um etwa 500 vor Christus hat der Sohn eines reichen Brahmanen in Nordindien, Siddharta Gautama, den Buddhismus begründet. Diese Philosophie ist auf den Ausgleich zwischen Arm und Reich ausgerichtet, um das irdische Leid einzudämmen.

Ungefähr 700 Jahre später hat sich eine Anzahl spiritueller Lehrer des Buddhismus von Buddhas Pfad abgewandt und Habgier und Egoismus gepredigt. Sie haben zwei benachbarte Königreiche auf dem indischen Subkontinent gegeneinandergehetzt, um davon zu profitieren. Allerdings wurden sie von rechtgläubigen spirituellen Lehrern besiegt. Niemand weiß aber, wohin sich die flüchtigen spirituellen Lehrer gewandt haben.

Schon früh ist diese Irrlehre allerdings im christlichen Kulturraum unter dem christlichen Mantel wiederaufgetaucht. Lange ist sie latent vorhanden gewesen, bis im frühen 16. Jahrhundert der Dreieckshandel über den Atlantik begann: Zuckerrohr wird von den amerikanischen Plantagen nach Europa verschifft, veredelte Wirtschaftsgüter und Nahrungsmittel werden nach Afrika gebracht und von dort schließlich Sklaven nach Amerika. Das ist gleichzeitig der Beginn des Kapitalismus gewesen. Reichtum, Habgier und Egoismus zeichnet ihn aus.

500 Jahre nach der Besiedelung der inneren Gesteinsplaneten durch den Menschen entwickelt wieder ein buddhistischer Mönch die Lehre vom Egoismus und Habgier. Er gewinnt Schüler. Sein Kreis erweitert sich in die westliche Hemisphäre hinein, wo er natürlich auf fruchtbaren Boden fällt.

Das hat eine kleine Gruppe buddhistischer Mönche aus der Industrienation Japan zum Anlass genommen, Spenden bei verschiedenen Firmen zu sammeln. Sie haben damit ein buddhistisches Kloster gegründet mit Klosterschule und großer digitaler Bibliothek. Diese Schule erlangt bald große Popularität, fast so wie zweitausend Jahre zuvor die Bibliothek von Alexandria. Weitere Spenden kommen herein. Die Absolventen der Schule sind in den Spenderfirmen als Führungskräfte gern gesehen.

Als dann der Raumhafen auf dem Gebiet der Sahara auch durch die UNO an Bedeutung gewinnt, entscheiden die Mönche, dort ebenfalls einen Jinja -Schrein- aufzubauen, wie sie ihren Kristallisationspunkt japanisch nennen. Die Gegenseite infiltriert langsam die aus der Mars Ressource Corporation nach dessen Abschottung hervorgegangene Space Ressource Corporation, die im Laufe der Zeit dieser Irrlehre vollkommen verfällt.

Äußerlich sieht der Jinja aus, wie die Wissenschaft sich die 'hängenden Gärten der Semiramis' vorstellt, einem vergangenen Weltwunder aus dem antiken Irak. Genau wie in den zeitgenössischen Beschreibungen der 'hängenden Gärten' handelt es sich beim Jinja um eine weitläufige Stufenpyramide mit Bepflanzung und Wasserspielen. Damit wollen die Mönche zeigen, dass man die Natur bewahrt und auch in der Lage ist, Wüsten zu begrünen.

Im Inneren des 'Schreins' befindet sich das digitale Archiv wie im japanischen Vorbild. Außerdem gibt es dort auch eine Schule mit allem was dazu gehört, wie Schulungsräume, Mensas, Wohnräume für Schüler und Lehrer, und Besprechungsräume sowie Säle für verschiedene Zeremonien. Ebenerdig liegen Säle, in denen Gläubige zu Buddha beten können. In den obersten Etagen liegen Hangars für kleine Luftfahrtgeräte, die sich mit Mantelschrauben in die Luft erheben können. Diese Lufttaxis können dort auch gereinigt und gewartet werden.

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