Dienstag, 19. Juli 2022
Aufbruch ins All -15
Unterwegs haben wir über Stadionsport gesprochen und vereinbart, dass ich mich für unseren nächsten gemeinsamen Tag in drei Wochen um zwei Plätze bei einem Turnier kümmern soll. Leider liegen ihre Schichten zwischen ihren Freiwochen so, dass wir uns sonst nicht sehen können. Zuhause schaue ich schon einmal oberflächlich, was sich da so anbieten würde.

*

Vor dem Clubbesuch habe ich mir überlegt, was ich dafür anziehen könnte. Meine Dienstkleidung vom 'Amt' muss es nicht sein. Es soll aber etwas anderes als meine Alltagskleidung sein. Da fällt mir meine Astronautenkleidung ein. Auch wenn ich dann vielleicht aussehe, als würde ich zum Fasching gehen. Also wähle ich die Dienstkleidung der Space Ressource Corporation, dem Nachfolger der Mars Ressource Corporation.

Draußen vor dem Eingang meines Wohnblocks steige ich in ein wartendes Cab und gebe als Ziel Madikwe?s Wohnblock an. Dort betrete ich das Foyer. Sie sitzt schon wartend in der Sitzgruppe. Auf sie zugehend, sage ich lächelnd:

"Sol, Madikwe, bist du bereit?"

Sie hat einen bunten Traum angezogen und schaut mir lächelnd entgegen. Etwa eine Stunde später betreten wir den Club Olympia und werden erst einmal von den Anwesenden neugierig beäugt. Dann drehen sie sich wieder um und nehmen ihre unterbrochene Unterhaltung wieder auf.

Wir werden an einen freien Tisch geleitet, was ich schon kenne, und nach unseren Wünschen gefragt. Kurz darauf stehen die bestellten alkoholfreien Drinks vor uns. Die Musik in dem Etablissement ist für meine Ohren fremdartig und auch die Bewegungen der Tänzer sind gewöhnungsbedürftig. Das traue ich mir nicht zu.

Als wir unsere Gläser geleert haben, hier muss man beim Service sofort bezahlen, erheben wir uns und schauen uns etwas um. Wir finden Leute, die im Online-Spiel versunken sind. Eine Etage tiefer kann man sich jedoch auch selbst sportlich betätigen. Die Bogenschützen interessieren mich.

Nachdem wir eine Weile zugesehen haben, wähle ich einen Bogen und erhalte drei Pfeile. Ich prüfe die Sehne und visiere die Zielscheibe an. Plötzlich ruft Madikwe um Hilfe. Einer der Gäste des Clubs hat sie im Griff und bewegt sich langsam rückwärts auf die Wand des Raumes zu. Ob sein Ziel eigentlich die Tür gleich daneben ist? Ich drehe mich mit gespannter Sehne um.

Ein Pfeil verlässt meinen Bogen und nagelt den Mann mit seiner Kleidung an die Wand. Madikwe kommt auf mich zu gelaufen und versteckt sich hinter meinem breiten irdischen Rücken. Sie ist als Marsianerin etwa einem Kopf größer als ich und sehr schmal. Ich habe sogleich einen zweiten Pfeil auf der Sehne und drehe mich etwas.

"Hat noch jemand Interesse?" frage ich, ernte aber nur Kopfschütteln.

Der Pfeil verlässt meinen Bogen und nagelt den Mann mit einem anderen Zipfel seiner Kleidung an die Wand. Dann stelle ich den Bogen zurück und gebe den übriggebliebenen Pfeil dem Mann zurück, der hier die Pfeile ausgibt. Madikwe in den Arm nehmend, sage ich:

"Wir sollten hier verschwinden!"

Sie nickt mit schockgeweiteten Augen und lässt sich von mir die Treppe hinauf und zum Ausgang schieben. Draußen bringe ich sie zu den Cabs. Sie drückt sich hilfesuchend an mich. Plötzlich springen drei Gestalten hinter den Säulen der Eck-Balustrade hervor und verwickeln mich in ein Handgemenge.

Die Schwerkraft des Mars ist nur ein Drittel derer der Erde. Um meine Muskulatur zu trainieren, gehe ich regelmäßig in ein Sportstudio. So baut sich zumindest nicht meine Muskulatur ab. Gegenüber irdischen Sportstudio-Besuchern hätte ich wohl keine Chance. Hier aber liegen die Dinge anders. Es nutzt ihnen auch nichts, dass sie versuchen Madikwe als Schild zwischen sich und mich zu bekommen.

Bald liegen sie am Boden und Madikwe lehnt sich schwer atmend gegen mich. Ich überlege gerade, ob wir uns mit dem Cab aus dem Staub machen sollen, als drei Männer in schwarzen Uniformen mit Teasern im Anschlag auftauchen und wissen wollen, was hier geschehen ist. Die Sicherheitskräfte dieses Gebäudeblocks sind wohl alarmiert worden und die Drei wollen nach dem Rechten sehen.

Ich erzähle ihnen die Geschichte und Madikwe bestätigt sie. Danach müssen wir unsere Personalien offenlegen und können gehen. Während wir das Cab besteigen, sehe ich, dass die Drei unsanft vom Boden hochgenommen und abgeführt werden.

Auf der Fahrt zu Madikwes Wohnblock frage ich sie:
"Kannst du mir sagen, was da eben los war? Was waren das für Leute, die uns an den Kragen wollten?"

Sie zuckt die Schultern.
"Das waren Wegelagerer, die Geld wollten..."

"Ja, aber das fing ja schon im Club an! Verkehrt dort auch solches Gesindel?"

"Leider wohl ja. Um ihrer Online-Spielsucht zu frönen, braucht es Geld. Und wir waren noch nie dort gewesen, also potentielle Opfer."

"Hm, warum hast du mich nicht vorgewarnt und mir lieber ein anderes Etablissement vorgeschlagen?"

Ich schaue sie fragend an. Sie lächelt geheimnisvoll und meint:

"Wenn du magst, hole mich morgen eine Stunde später ab. Dann fahren wir zu dem Club, wo ich mich immer gerne mit meinen Freunden zum Klönen treffe, mein starker Beschützer."

*

Krotoa ist genervt. Schon zwei Stunden sitzt sie inzwischen hier im Club.

'Warum habe ich mich nur von Madikwe so kurzfristig überreden lassen, einmal wieder hierher zu gehen?' geht ihr durch die Gedanken. 'Gut, sie ist meine beste Freundin und hat mich gestern Abend eindringlich gebeten hierher zu kommen. Trotzdem hätte ich es besser wissen sollen. Hier finde ich es, schlicht gesagt, öde.'

Während Krotoa einen Schluck aus ihrem Glas trinkt, lässt sie den Blick durch den Raum schweifen. Drei Paare bewegen sich auf der Tanzfläche. Einige weitere Gäste halten sich an der Bar auf. Aus den Boxen dröhnt Musik. Krotoa hat es sich an einem Cocktailtisch auf einem Sessel bequem gemacht.

'Dieser Club entspricht einfach nicht meinem Niveau. Die Musik ist nicht nach meinem Geschmack, die Ausstattung ist irgendwie ... billig. Die Leute hier sind mir zu einfältig und nicht annähernd hübsch genug. Sie entsprechen höchstens dem Durchschnitt,' urteilt sie in Gedanken.

Leise seufzend stellt sie fest, dass sich einer der jungen Männer zu ihr setzt. Er ist kaum größer als Krotoa selbst und hat eine nicht besonders umwerfende Figur.

"Hey Krotoa," grüßt er sie und lächelt sie an.

"Hi Humato," erwidert sie mit kühler Stimme und richtet ihren Blick gezielt auf etwas anderes als den jungen Mann.

Es dauert ein paar Sekunden, bis der junge Mann, ein ehemaliger Mitschüler, erneut etwas sagt: "Coole Stimmung, findest du nicht?"

Krotoa verdreht die Augen. Für diese Bauern ist jeder Club cool, solange sie nur genug zu saufen haben. Gibt es sogar Online-Spiele, ist jede Frau abgemeldet.

"Nja, ist nicht so mein Ding," antwortet sie vorsichtig und hofft, dass Humato sie in Ruhe lässt. Doch sie hat seine Hartnäckigkeit unterschätzt.

"Och, warum denn nicht?" hakt dieser nach und mustert sie mit einem Stirnrunzeln.

Krotoa seufzt noch einmal und ergänzt: "Ist einfach nicht mein Stil, okay?"

Humato hebt eine Augenbraue und erhebt sich schließlich aus dem Clubsessel.

"Kein Grund, gleich schnippisch zu werden," meint er enttäuscht und schlendert langsam davon.

Sie wirft kurz einen Blick auf ihre Armbanduhr. Der Abend ist noch nicht besonders weit fortgeschritten. Sie hofft, dass es nicht mehr so lange dauert, bis sich eine Gelegenheit ergibt, um hier zu verschwinden.

'Wo bleibt Madikwe nur?' fragt sie sich in Gedanken.

"Hey, alles klar bei dir?" fragt Madikwe in diesem Moment.

Krotoa schaut auf. Ein unbekannter hellhäutiger Mann, noch dazu in weißer Hose und halboffenem weißen Hemd schiebt gerade den leeren Clubsessel in Position, damit sich Madikwe bequem hineinsetzen kann. Krotoa schaut den muskulösen breitschultrigen Mann fasziniert an.

Nachdem Madikwe sitzt, geht er zur Bar und bringt zwei Gläser eines grünen Tees mit Früchten in einem bauchigen Glas an den Tisch. Danach bedient er sich an einem Tisch in der Nähe und bringt einen weiteren Sessel heran, auf dem er vorsichtig Platz nimmt.

"Hallo Krotoa..." wiederholt Madikwe und wedelt mit einer Hand vor Krotoas Gesicht.

Sie zuckt leicht zusammen und schaut ihre beste Freundin an.

"Na, habe ich dir zuviel versprochen?" fragt Madikwe lächelnd. Dann stellt sie die Beiden einander vor.

"Tim, das ist meine beste Freundin Krotoa. Wir kennen uns schon seit der Schulzeit. Sie arbeitet im Ministerium für Finanzen. Krotoa, das ist mein Freund Tim. Er arbeitet im Amt."

"Hallo, Tim," lächelt Krotoa mit verführerischem Augenaufschlag Tim an. "Dein Name und dein Aussehen sind ungewöhnlich hier im Club. Darf ich fragen, woher du kommst?"

... link (0 Kommentare)   ... comment