Dienstag, 26. Juli 2022
Aufbruch ins All -19
--Ishtar City - Die Wolkenstadt--

"Elon Musk hat mit seiner SpaceX Corporation entscheidend dazu beigetragen, die internationale Mondbasis aufzubauen, meine Herren. Nachdem die Mondbasis arbeitet, haben einige hundert Firmen dort ihre Vertretungen gegründet und sogar einige Dutzend Firmen sind mit hochmodernen Produktionsstätten dorthin gezogen. Nun strebt der CEO der SpaceX Corporation eine Station oder gar eine Stadt auf dem Mars an. Ich habe mir sagen lassen, dass er an den Bodenschätzen des Mars interessiert ist. Das kann ich voll und ganz verstehen. Er ist schließlich ein Kaufmann. Jeder Einsatz sollte einen Gewinn generieren!" referiere ich vor einer Gruppe Raumfahrtingenieure der National Aeronautics and Space Association.

"Das ist uns bekannt, Mister Miller," wirft einer der Zuhörer dazwischen.

"Ich frage mich, wie lange wir ihn noch mit Steuergeldern aus dem Topf der NASA bezuschussen sollen," argumentiere ich weiter. "Überlassen wir ihm doch den Mars und stecken die staatlichen Gelder in ein anderes Ziel!"

"An was denken Sie da, Mister Miller?"

"Bisher kümmert sich niemand um die Venus!" antworte ich lächelnd. "Auf den ersten Blick ist sie lebensfeindlich. Ihre Atmosphäre hat einen hohen CO2-Anteil und eine hohe Dichte. Auf der Oberfläche herrschen über 400 Grad Celsius. Sie ist zum großen Teil glutflüssig... Aber wie sieht es in größeren Höhen über der Planetenoberfläche aus? In 55 Kilometern Höhe herrschen normale Druckverhältnisse, wie auf der Erde, und wir haben dort etwa 20 Grad Celsius Außentemperatur. Bringen wir also dort eine schwebende Stadt hin, meine Herren! Zur Erprobung reicht erst einmal ein Zeppelin."

Ich habe den Ingenieuren eine weitere lohnende Möglichkeit der Weltraumforschung aufgezeigt. Sie müssen nicht alle Elon Musk hinterherlaufen wie dem Rattenfänger!

Inzwischen haben wir einen Raumhafen und die dazugehörige Industrie auf dem Mond. Gemeinsam mit der SpaceX Corporation ist eine Orbitalstation in der Erdumlaufbahn eingerichtet worden, so dass die Flüge zwischen Erde und Mond nur noch wenig kosten. Die Starts und Landungen auf der Erde sind immer noch kostenintensiv, auch wenn wir zahlende Touristen hochschießen, damit sie den blauen Planeten einmal aus einer anderen Perspektive kennenlernen können. Das bringt auch willkommene Nebeneinnahmen.

*

Zehn Jahre nach der Neuausrichtung der NASA und einigen unbemannten Flügen mit Raketen aus der Mondbasis, die einige Luftschiffe in die Atmosphäre der Venus eingebracht haben, bestückt mit Messinstrumenten zur Erhebung aller verfügbaren Daten, fliegt zum ersten Mal ein bemanntes Raumschiff zur Venus.

Es wird in der Mondbasis zusammengebaut und betankt. Die Astronauten betreten die geräumige Kapsel an der Spitze und der Countdown beginnt. Nach geglücktem Start richtet der Computer die Rakete auf die Venus aus, die in vier Monaten den erdnächsten Punkt auf ihrer Umlaufbahn erreicht. Die Flugbahn gleicht einer Parabel.

Nach 121 Tagen meldet Kommandant Burger das Einschwenken in die Umlaufbahn um die Venus. Einer der vier Astronauten wird im Raumschiff bleiben. Er dient als Relaisstation und überwacht das Ab- und spätere Andockmanöver, um im Ernstfall eingreifen zu können. Alle Eventualfälle kann niemand vorhersehen und daher keiner den Computer entsprechend programmieren.

Die anderen drei Astronauten kriechen hintereinander durch das enge Rohr in das Abstiegsmodul hinein. Nachdem sie ihre Plätze eingenommen haben, wird die Verbindung zum Mutterschiff gelöst und der Kommandant zündet die Abstiegstriebwerke. Nun geht es in einer flachen Spirale tiefer. Es geht darum, von 28.000 Stundenkilometern Orbitalgeschwindigkeit in 400 km Höhe auf unter 100 Stundenkilometer in 55 Kilometer Höhe abzubremsen. Starke Hitzeschilde schützen das Abstiegsmodul.

Auf der Zielhöhe über der Venusoberfläche angekommen, entriegelt der Kommandant eine lange und schmale Frachtklappe. Sie teilt sich und beide Hälften klappen nach oben. Außenstehende Beobachter würden jetzt auf ein Textil blicken können, dass von mehreren Gasflaschen mit einem Sauerstoff-Helium-Gemisch aufgeblasen wird und sich über dem Abstiegsmodul entfaltet. Das Gasgemisch ist das Gleiche, das auch Extremtaucher in den Ozeanen und Unterwasserhöhlen auf der Erde verwenden. Auf der Venus reicht es aus, um genügend Auftrieb zu erzeugen und das metallene Abstiegsmodul in der Schwebe zu halten.

Nachdem der atmosphärische Druck im Auftriebskörper dem auf der Erdoberfläche entspricht, öffnet der Kommandant als Erster die Druckschleuse und klettert in die Bucht, wo der Auftriebskörper bisher zusammengefaltet gelegen hat. Die anderen beiden Astronauten folgen ihm. Die Funkgeräte der Anzüge reichen bis zum Orbiter hinauf, wenn der sie überfliegt.

Der Kommandant meldet sich beim Orbiter mit einem Grinsen:

"Mickey Mouse meldet sich bei Kater Silvester! Wir sind angekommen und stehen im Auftriebskörper. Hier ist alles in Ordnung."

Wegen des Heliums in der Atemluft klingt seine Stimme so piepsend, wie in den alten Zeichentrickfilmen. Aber das kennen sie schon von den Tauchgängen zum Training auf der Erde.

Kommandant Burger geht weiter nach vorne. Er schraubt eine Abdeckplatte ab und klappt ein Pult heraus. Seine beiden Begleiter holen hinter einer weiteren Abdeckplatte drei Klappstühle hervor, die man am Boden festschrauben kann.

Nun nimmt der Kommandant einige Einstellungen am Pult vor. Minikameras im Heck zeigen auf den Bildschirmen im Pult, wie sich zwei Mantelschrauben ausklappen. Auf Anzeigen ist zu erkennen, dass die Mantelschrauben an Wellen andocken, die von zwei Elektromotoren bewegt werden können, wenn die Batterien genug Energie haben. Die Außenhaut des textilen Auftriebskörpers ist mit einer Beschichtung versehen, die das ewige Sonnenlicht in Energie umwandelt. Ein mechanisches Steuer wird ausgeklappt, wie das Schwert eines Segelbootes.

Nun 'fahren' die Astronauten mit dem Abstiegsmodul durch die Venusatmosphäre wie die Zeppelinfahrer in nostalgischen Zeiten. Sie führen verschiedene Manöver durch und melden dem Orbiter, dass alles wunderbar funktioniert, genauso wie bei einigen unbemannten Flügen im Vorfeld. Nach einiger Zeit klettern die beiden anderen Astronauten in das Abstiegsmodul zurück und beginnen mit ihrer Arbeit.

Sie haben Geräte an Bord, die Zusammensetzung der Atmosphäre draußen zu bestimmen und aus CO2 Atem-Sauerstoff herzustellen. Mit Röntgen-Geräten schauen sie durch die Schwefelsäure-Wolken auf die Oberfläche der Venus und bestimmen so ihren Standort. Auch versuchen sie, aus den atmosphärischen Gasen kleine Mengen Raketentreibstoff experimentell herzustellen.

Bei der Spaltung von CO2 in Sauerstoff und Kohlenstoff entdecken sie Karbonfasern als Abfallprodukt und sammeln es, um es nach der Rückkehr auf dem Mond analysieren zu lassen.

Nach zwanzig Tagen ist ihr Auftrag beendet und sie beginnen den Aufstieg zum Orbiter vorzubereiten. Dazu werden die Mantelschrauben und das mechanische Steuer eingefahren, das Steuerpult im Auftriebskörper wieder eingeklappt und die Klappstühle verstaut. Anschließend werden die Abdeckplatten wieder angebracht, damit die Außenhaut des Auftriebskörpers keinen Schaden nimmt.

Nun klettern die Astronauten in ihr Abstiegsmodul zurück, verschließen die Druckschleuse und saugen die Atemluft aus dem Auftriebskörper, der sich im Frachtraum zusammenfaltet. Anschließend werden die beiden Hälften der Frachtklappe darüber geschlossen und verriegelt. Während dieser Vorbereitungen ist das Abstiegsmodul ein Stück tiefer in die Atmosphäre der Venus gesunken.

Danach zündet der Kommandant die Raketenmotoren und ein tagelanger spiralförmiger Aufstieg aus der Atmosphäre beginnt. Dabei wird das Abstiegsmodul immer schneller, bis es die Orbitalgeschwindigkeit von 28.000 Stundenkilometern erreicht hat. Über die Steuerdüsen bringen der Kommandant und der im Orbiter zurückgebliebene Astronaut beide Raumfahrzeuge wieder zusammen.

Nach dem Andockmanöver betreten die Venusfahrer die Kommandokapsel und der Kommandant lässt das Raumschiff auf Fluchtgeschwindigkeit gehen. Der Computer berechnet den Rückkehrkurs und feuert entsprechend mit den Steuerdüsen.

*

In der Folgezeit wertet die NASA die Ergebnisse der Expedition aus. Wo neue Fragen aufgeworfen werden, formuliert man daraus Ziele für Nachfolge-Expeditionen. Etwa zehn Jahre später entscheidet sich der Vorstand der NASA, über der Venus eine ähnliche Orbitalstation zu installieren, wie sie auch die Erde in großer Höhe umrundet.

Von Ihr als Basisstation beginnt man in den folgenden Jahren kleine Produktions-Inseln in der Venus-Atmosphäre zu installieren, die aus den Gasen Raketentreibstoff herstellen. Dieser wird in Tanks abgefüllt, die man automatisch aus der Atmosphäre aufsteigen lässt, um sie mit einem Frachter einzusammeln, der dafür mit einem Roboterarm ausgerüstet ist. So braucht dieses Raumschiff nicht tiefer in die dichte Venus-Atmosphäre eintauchen.

Bald taucht allerdings die Notwendigkeit auf, diese Produktionsinseln zu warten. Nun entscheiden sich die NASA-Leute doch für eine ständig bemannte Station in 55 Kilometern Höhe über der Venusoberfläche schwebend. Dort werden Luftschiffe verankert, die von Zeit zu Zeit zu Wartungsflügen aufbrechen. In der Station wird Carbon hergestellt. Es wird zu Platten und Folien verarbeitet. Der dabei anfallende Sauerstoff wird der Atemluft beigemischt und der Rest in die Atmosphäre abgegeben.

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