Mittwoch, 13. Juli 2022
Aufbruch ins All -12
Nach einigen Minuten ertönt ein 'Ping' und die Bedienung eilt zum Tresen. Wenig später serviert sie mir das Essen. Ich frage sie nach einem zweiten Glas Coke. Danach beschäftige ich mich mit Genuss mit meinem Menü. Dabei schweifen meine Gedanken ab.

Die Bedienung hat mich sehr zuvorkommend bedient. Ob ich sie einmal dazu einladen soll, mit mir das Theater von Mars City zu besuchen? Leider hat man uns eingeschärft, keine Beziehungen zu den einheimischen Arbeitskräften einzugehen. Anderenfalls würden wir aus dem Raumfahrtprogramm herausgenommen. Auch untereinander, besonders während des Marsfluges, sollen wir nur kollegial miteinander umgehen, damit unsere Gefühle bei Ernstfällen im Weltraum die Mission nicht gefährden können.

Nachdem ich Teller und Glas geleert habe, warte ich wieder bis sie in meiner Nähe vorbeigeht, um kurz die Hand zu heben und sie mit einem "Excuse me!" zu mir zu rufen. Als sie sich auf mich konzentriert hat, frage ich:

"Could I have the bill please?"

Sie nickt mir lächelnd zu und geht zum Tresen. Dort tippt sie noch einmal auf dem Gerät herum, der danach einen Zettel ausspuckt. Die Bedienung bringt mir den Bon. Ich bedanke mich, schaue darauf, finde alles in Ordnung und gehe nun zur Kasse am Ausgang. Dort übergebe ich der Bedienung den Bon, die nun die Einzelposten in den Kassenautomaten tippt. Ich halte meine Karte an das Lesegerät. Kurz darauf meldet der Automat mit einem 'Ping', dass alles in Ordnung ist und die Transaktion in die Wege geleitet wurde.

Nun bedanke ich mich bei der Bedienung höflich für das Essen, indem ich ihr lächelnd zunicke und sage:

"Thank you very much for the meal!"

Mit gemischten Gefühlen verlasse ich das Restaurant der Glaskunst-Ausstellung und gehe zum Foyer zurück. Dort betrete ich die Geschäftsräume und wandere durch die Gänge an den Regalen vorbei.

Ich sehe viele Gebrauchsgegenstände, die künstlerisch aufgewertet sind, aber auch unterschiedliche Skulpturen in unterschiedlichen Größen. Darunter sind Elefanten und andere Tiere, Buddhas und Engel. Sie haben sich sogar auf ihre US-amerikanische Kundschaft eingestellt und Indianer in den Regalen stehen. Ich finde aber auch Pferde und Bisons, sowie Bären. Endlich habe ich das Regal mit Hollywoods Oscars in verschiedenen Größen erreicht. Ich entscheide mich für eine etwa zwanzig Zentimeter hohe Figur, denn wenn ich bedenke, dass mein Aufenthalt in Mars City begrenzt ist und ich die Figur irgendwie mit zurück in die Staaten nehmen muss...

Danach setze ich mich in ein Cab, gebe mein Ziel an und lasse mich nachhause fahren. Dort wickele ich die Skulptur aus dem Papier und platziere sie auf dem Highboard.

*

Ein weiteres Vierteljahr später geht mein Aufenthalt in Mars City zu Ende. Zum Abschluss besuche ich das Theater von Mars City. Dort bin ich bisher noch nicht gewesen. Ein Kollege hat mir davon vorgeschwärmt. Ich kenne aus Erzählungen das Metropolitan Theatre in den Staaten und habe daher bisher skeptisch einen Bogen um solche Etablissements gemacht.

Mein Kollege hat mir schon gesagt, dass ich Hunger mitbringen soll. Dort werden mehrgängige Menüs aus vielen kleinen Gängen serviert, während auf der Bühne die Vorstellung läuft. Erwartungsvoll lasse ich mich dorthin fahren, bezahle im Foyer meinen Eintritt und folge den Leuten, die sich die heutige Vorführung ebenfalls anschauen wollen.

Wir gehen zur Treppe und im zweiten Stock des Blocks einen Gang entlang. Am Ende des Ganges geht es durch eine offenstehende zweiflügelige Tür in einen großen Saal. Fünf Meter vor uns beginnt der Boden des Saales treppenförmig abzufallen. Eine Treppe führt in die Tiefe. Alle drei Treppenstufen führt eine Plattform nach rechts und links. Ich erkenne Sitze und davor schmale Tische. Die Leute verteilen sich auf die Sitzplätze hinter den Tischen. Also suche ich mir auf halber Höhe ebenfalls einen Sitzplatz. Der Vorhang der Theaterbühne, schräg unter und vor uns, ist noch zugezogen. Vor mir liegt eine Speisekarte und an jedem Platz liegt in eine Serviette eingewickeltes Besteck bereit. Ich nehme die Speisekarte auf und schaue mir an, was sie hier bieten. Ich kann zwischen amerikanischem und vietnamesischem Essen wählen.

Nachdem alle Zuschauer Platz genommen haben, kommt die Bedienung herum und nimmt die Bestellung auf. Wenig später wird der erste Gang auf die Tische verteilt. Dann geht der Vorhang auf. Die Grafik im Hintergrund der Bühne zeigt ein amerikanisches Farmhaus mit riesigem Maisfeld daneben. Ein Mann reinigt im Vordergrund Ackergerät, während ein vielleicht zehnjähriges Mädchen auf einem Traktor sitzt und zuschaut.

In diesem Moment kommt ein weißhaariger Mann hinzu, den der Vater des Mädchens anscheinend kennt. Der Neuankömmling bietet dem Farmer das Kommando über eine waghalsige Weltraum-Expedition zu entfernten Sternen an. Der Farmer sei früher der beste Raumpilot der NASA gewesen und er müsse einfach annehmen, argumentiert der weißhaarige Mann. Man hätte ein Wurmloch entdeckt, das die Reisezeit erheblich verkürzt. Das ginge aus den Berechnungen hervor. Danach verlässt der Besucher wieder die Bühne. Das Mädchen springt vom Traktor herunter und fragt seinen Vater unter Tränen:

"Will you really go to space, Daddy?"

Der Vorhang wird zugezogen. Die Bedienung geht herum, um Geschirr und Besteck einzusammeln und anschließend den zweiten Gang der Menüs zu verteilen.

Während des nächsten Aufzugs sieht man den Start des Raumfahrzeuges vom Kennedy Space Center am Cape Canaveral in Florida. Der Start verläuft vorbildlich. Sie erreichen das Wurmloch und sie erkunden anschließend ein fremdes Sonnensystem.
Wieder wird der Vorhang zugezogen und der nächste Gang der Menüs verteilt. Auch wird gefragt, wer noch etwas zu trinken haben möchte.

Nachdem der Vorhang wieder aufgezogen wurde, erkenne ich, dass der Wissenschaftler der NASA, der den Farmer zu einem neuen Raumflug animiert hat, inzwischen im Ruhestand ist. Die Tochter des Farmers hat nach ihrem Studium eine Stelle als Stellvertreterin des Wissenschaftlers erhalten und nach dessen Pensionierung seine Stelle übertragen bekommen. Sie hat einen Fehler in der Berechnung ihres Chefs entdeckt und die Berechnung neu durchgeführt. Leider funktioniert das Wurmloch mit der aktuellen Technik nur in eine Richtung - von der Erde weg -, außer die Crew im Weltraum schickt eine kleine Menge Material durch das Wurmloch. Ein Raumschiff würde zerstört werden, prognostiziert sie.

Der Vorhang wird an dieser Stelle zugezogen und die Bedienung kümmert sich wieder um die Gäste. Als der Vorhang aufgeht, sieht man das Raumschiff und seine Crew wieder. Auch dort hat man bemerkt, dass etwas mit dem Wurmloch oder mit ihren Instrumenten an Bord nicht stimmt. Die Planeten in dem fremden Sonnensystem stellen sich als lebensfeindlich heraus. Einer aus der Besatzung stellt sich als Saboteur heraus. Beim Versuch, ihn zu stoppen, explodiert das Raumschiff und der Kommandant treibt hilflos im All auf das Wurmloch zu.

Wieder kommt es zu einem Szenenwechsel durch Zuziehen des Vorhangs. Die Aufmerksamkeit der Gäste wird von der Bedienung kurz von der Geschichte auf der Bühne weggezogen.

Als der Vorhang wieder aufgezogen wird hat sich das Bühnenbild im Hintergrund wieder verändert. Beziehungsweise der Vorhang öffnet sich nur zur Hälfte. Im Hintergrund ist der Jupiter zu sehen und eine radförmige Raumstation in der Nähe davor. Der Kommandant im Raumanzug funkt einen Hilferuf und man rettet ihn aus Raumnot.

Man will ihn zur Cooperstation bringen. Der Kommandant fragt erstaunt:

"Habt ihr sie nach mir benannt?"

Sie haben inzwischen die Schleuse erreicht und ziehen sich die Raumanzüge aus. Der andere Mann schüttelt lächelnd den Kopf und erklärt:

"Nein, die Station wurde nach ihrer Tochter benannt. Eine große Astrophysikerin, die die Menschheit einen großen Schritt weitergebracht hat!"

Nun wird dieser Teil der Bühne zugezogen und gleichzeitig öffnet sich der Vorhang für die andere Hälfte der Bühne. Dort wird ein Krankenzimmer auf der Raumstation simuliert.

Der Kommandant betritt das Zimmer. In einem Krankenbett liegt dort eine uralte Frau.

"Du bist meine Jessi?" fragt er unter Tränen.

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